TEXTS
,,Line has always been my oldest and most personal language...''
- EUNA GU -
EN)
Originally stemming from classic drawing, South Korean artist Euna Gu has shifted her focus in recent years to the intersection of drawing and textile art. She no longer draws lines with a pen on paper; instead, she uses needle and thread on canvas. Often, the thread is applied through rapid improvisation with the sewing machine, using small, short stitches. Other threads are hand-stretched freely across the canvas, resembling the strings of a musical instrument. In addition, relief-like surfaces are created through densely placed hand embroidery, which, due to its slow manual manufacturing process, introduces a sense of calm into the image. Each line in the picture appears to follow its own rhythm, a different tempo.
In addition to various threads, the artist also incorporates textiles that she sews onto and into the canvas. The diverse textures and weave patterns of the traditional Korean fabrics she incorporates create a tactile quality. The material interrupts the canvas's structure, just like the intentionally placed seams that are recurrently found in the background of the image. This creates a slight disturbance, a kind of pause in the image where our gaze can linger.
Euna Gu convincingly translates the medium of drawing into three-dimensional space. With changing light, the impact of her works also changes, unfolding incredible vitality through the shifting play of shadows. In all of this, the works develop a captivating, almost corporeal presence.
Equally fascinating is the harmonious fusion of European abstract drawing with Korean artistic creations. The applied forms appear both concrete and abstract, oscillating between simple accessibility and simultaneous complexity, allowing for a wealth of associations and layers of meaning.
For Euna Gu, sensory perception of her surroundings, especially the influence of musical elements, is essential to the creation process of her works. This explains the close collaboration with pianist Hasun Choi, who translates the visual impressions of the artworks into musical compositions.
RICARDA VINZING (Catalogue: Young Art Award 2023)
,,Line has always been my oldest and most personal language...''
- EUNA GU -
DE)
Ursprünglich von der klassischen Zeichnung kommend, verlegt die südkoreanische Künstlerin Euna Gu ihren Fokus seit einigen Jahren auf die Schnittstelle von Zeichnung und Textilkunst. Die Linien zeichnet sie nun nicht mehr mit dem Stift auf Papier, sondern mit Nadel und Faden auf Leinwand. Oft ist das Garn mit kleinen kurzen Stichen durch schnelle Improvisation mit der Nähmaschine aufgebracht. Andere Faden sind per Hand frei schwebend über die Leinwand gespannt und erinnern an die Saiten eines Musikinstruments. Daneben entstehen außerdem reliefartige Flächen durch dicht gesetzte Handstickerei, die durch ihren langsamen manuellen Herstellungsprozess einen Ruhepol im Bild erzeugen. Jede Linie im Bild scheint einem eigenen Rhythmus, einem anderen Tempo zu folgen.
Neben verschiedenen Garnen nutzt die Künstlerin auch Textilien, die sie an und auf die Leinwand näht. Durch die vielfältigen Texturen und Webmuster der von ihr verwendeten traditionellen koreanischen Stoffe, entsteht eine haptische Qualität. Das Material unterbricht die Struktur der Leinwand, genau wie die gezielt eingesetzten Nahtstellen, die man wiederkehrend im Bildgrund vorfindet. Dies erzeugt eine leichte Irritation, eine Art Pause im Bild, an der unser Blick hängen bleiben darf.
Euna Gu gelingt es überzeugend, das Medium der Zeichnung in den dreidimensionalen Raum zu übersetzen. Mit wechselndem Lichteinfall verändert sich auch die Wirkung ihrer Werke, die durch den changierenden Schattenwurf eine unglaubliche Lebendigkeit entfalten. In alledem entwickeln die Arbeiten eine einnehmende, fast körperliche Präsenz.
Faszinierend ist auch die harmonische Verbindung von europäischer, abstrakter Zeichnung mit dem koreanischen Kunsthandwerk. Die aufgebrachten Formen scheinen ebenso konkret wie abstrakt und schwingen zwischen einfacher Zugänglichkeit sowie gleichzeitiger Komplexität, die eine Fülle an Assoziationen und Bedeutungsebenen zulässt.
Für Euna Gu ist die sensorische Wahrnehmung ihrer Umgebung, insbesondere der Einfluss von musikalischen Elementen, essentiell für den Entstehungsprozess ihrer Werke. Dies erkIärt auch die enge Zusammenarbeit mit der Pianistin Hasun Choi, die die visuellen Eindrücke der Kunstwerke wiederum in musikalische Kompositionen übersetzt. Als Einladung, sich den bildnerischen Werken über eine weitere Sinnebene zu nähern, sind diese Musikstücke über einen QR-Code neben den Bildern abrufbar.
RICARDA VINZING (Katalog: Förderpreis Junge Kunst 2023), © 2023 Ricarda Vinzing, Reinickendorf District Office of Berlin, Department of Art and History
Further Selected Texts
Euna Gu ist Preisträgerin des Förderpreises Junge Kunst 2023
Press Release No. 0927 from 19th September 2023, Bezirksamt Reinickendorf von Berlin
Studio Ost, Kunsthalle Darmstadt, 2022, Darmstadt
구경은의 “상형선율(想形旋律)” 상상 선율의 기념비적 전언(傳言) 공간구축
Taebaek Culture Center, 2017, Taebaek, South Korea
오, 독불장군 Aux, 獨佛場,群(DokBulJangGun)
Ujong Museum of Art, 2016, Seoul Art Guide Column
아픈이들의 축제 (Festival of the Sick) - 구경은
Culture + Seoul Magazine, Jan. 2013, Seoul Foundation for Arts and Culture – Featured on Cover and Interview (pp.2-3), Seoul
Press Release 2012, Kulturring in Berlin e.V
,,Zeichnung...Kyoung Eun Gu''
Fragil und zerbrechlich sind die Tuschezeichnungen der in Korea geborenen und aufgewachsenen Künstlerin Kyoung Eun Gu. Sie wirken wie im Traum gezeichnet, scheint doch das Unterbewusste darin zutage zu treten.
Auf vier Blättern verstreuen sich spontan gespritzte Tuschekleckse, verbinden sich zu zarten Liniennetzen, die mitunter die gesamte Fläche überziehen. Vereinzelt lösen sich aus dem Liniengewirr wiedererkennbare Elemente, mal sind es insektenähnliche Wesen, mal pflanzen, dann eine Leiter oder verschiedene Musikinstrumente. Im assoziativen Nebeneinander erscheinen diese spontan aus dem Moment heraus entwickelten und dem freien Verlauf der zerfließenden Tusche folgenden Skizzen wie kleine Gedankenblitze, Fragmente von Traumbildern oder Tagträumen.
BARBARA AUER (Katalog: Emy-Roeder-Preis 2011), © 2011 Barbara Auer, Kunstverein Ludwigshafen a. Rh.